Diersmann, Stefan | Flachmeyer gen. Koch, Julia | Gruenke, Lukas | Herdegen, Nora | Liebsch, Helge

Als Gruppe für den Bereich Fotografie nominiert

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Gummidruck – Künstlerische Forschung

Wie gemalt… erscheinen die Fotografien von Künstlern wie Heinrich Kühn, Hugo Henneberg oder Robert Demachy. Pinselstriche lassen sich erahnen, die Struktur des Papiers eröffnet sich dem Betrachter, manchmal mutet die Fotografie auch wie eine Kreidezeichnung an. Ein ungewohnter Anblick im heutigen, digitalen Zeitalter, in dem Fotografien in Sekunden entstehen und ein Klick ausreicht, um ein Bild nachträglich zu bearbeiten.
Der Gummidruck hingegen scheint – neben anderen historischen Druckverfahren der Fotografie – nahezu gänzlich in Vergessenheit geraten zu sein. Im Rahmen des Fotografieprojekts Künstlerische Forschung im Fachbereich Kunst/Kunstpädagogik der Universität Osnabrück versuchen die fünf StudentInnen Stefan Diersmann, Julia Flachmeyer gen. Koch, Lukas Gruenke, Nora Herdegen und Helge Christian Liebsch deshalb auf den Spuren Kühns, Hennebergs und Demachys zu wandeln und die Technik des Gummidrucks wieder aufleben zu lassen. Damit gehen sie innerhalb der Fotografiegeschichte zurück an den Beginn des 20. Jahrhunderts: In eine Zeit, in der die mannigfache Vervielfältigung und Manipulation von Fotografien nicht ohne erheblichen handwerklichen Aufwand möglich war. In eine Zeit, zu der die Fotografie noch im Begriff war, sich als eigenständiges Medium vor allem künstlerisch zu definieren und etablieren.
Der Gummidruck rückt den Fotografen des beginnenden 20. Jahrhunderts durch die Möglichkeit der bewussten Manipulation der Fotografie in den Mittelpunkt des künstlerischen Vorgangs der Fotografie. Jeder Schritt – von der Aufnahme bis hin zur Papier- und Pigmentwahl, der Beschichtung des Papiers, der Belichtung des Negativs und der abschließenden Bearbeitung – entscheidet über das Resultat. Edeldruckverfahren wie der Gummidruck nehmen daher innerhalb der Kunstfotografie (Piktorialismus) des ausgehenden 19. Jahrhunderts und des anbrechenden 20. Jahrhunderts einen wichtigen Platz ein und tragen dazu bei, die Fotografie als Kunstform zu etablieren. Jede Fotografie wird durch den Gummidruck zum Unikat, Analogien zu Gemälden entstehen.
Seit der Entdeckung/Erfindung der Fotografie im Jahr 1839 haben Fotografen im Wechselspiel zwischen Tradition und Innovation die Grenzen der Fotografie immer wieder aufs Neue ausgelotet und neue Wege der Darstellung durch die Fotografie erkundet und beschritten. Mit ihren Gummidrucken versuchen Stefan Diersmann, Julia Flachmeyer gen. Koch, Lukas Gruenke, Nora Herdegen und Helge Christian Liebsch die Möglichkeiten dieses Edeldruckverfahrens in der Auseinandersetzung mit der heutigen Welt zu erkunden. Sie wagen den Versuch einer Synthese alter, fast vergessener fotografischer Technik und einem gegenwärtigen, modernen und digital geprägtem Weltverständnis. Dabei kombinieren sie den Gummidruck mit Motiven aus der Gegenwart in so unterschiedlichen Bereichen wie Landschaft und Porträt. Sie suchen zwischen Tradition und Innovation nach neuen Ausdrucksweisen in der heutigen Zeit.